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«Wunderwaffe» Antioxidanzien Schutz vor oxidativem Stress?

Oxidativer Stress begünstigt Alterungsprozesse, Funktionsverluste von Organen und folglich die Entstehung von Erkrankungen. Die Supplementierung von Antioxidanzien soll vorbeugend gegen diese ungünstigen Prozesse wirken. Allerdings sind damit auch nicht zu unterschätzende Risiken verbunden, da im Gegensatz zu den erhofften günstigen Effekten teilweise die Verstärkung von Gesundheitsschäden provoziert wird.

Als oxidativer Stress wird der Effekt definiert, der von zu vielen freien Radikalen im Organismus ausgeht. Freie Radikale lassen sich vereinfacht als Stoffe bezeichnen, die chemisch hochreaktiv sind. Sie verändern die Strukturen von Zellbestandteilen und deren Funktionalität. Die Folgen können unter anderem Erkrankungen und beschleunigte Alterungsprozesse sein (Herrera et al., 2009; Avery, 2011; Rahal et al., 2014).

Freie Radikale entstehen im Stoffwechsel u. a. beim Abbau von Makronährstoffen, Alkohol und Purinen sowie durch Sport, Stress, Mikronährstoffdefizite, Mikroorganismen, UV-Strahlung oder radioaktive Belastung. Auch in pathogenen (krankheitserregenden) Prozessen, die bei Adipositas, Diabetes mellitus Typ 2, Arteriosklerose und Bluthochdruck ablaufen, entstehen freie Radikale (Steinhubl, 2008; Rahal et al., 2014). Aus der Umwelt gelangen freie Radikale, z. B. durch Zigarettenrauch und stark erhitzte Lebensmittel, in den Organismus (Rahal et al., 2014).

Redoxsystem und Antioxidanzien können schützen

Das körpereigene Redoxsystem und die Antioxidanzien bieten Schutz gegen oxidativen Stress. Man definiert das Redoxsystem als Mechanismus, bei dem körpereigene antioxidative Stoffe vernetzt arbeiten. Dabei bestehen funktionelle Überschneidungen mit dem Immunsystem (Seifried et al., 2007). Ergänzt wird die Radikalabwehr durch Antioxidanzien aus der Nahrung. Dazu zählen viele sekundäre Pflanzenstoffe (z. B. Grüntee-Catechine, Weintrauben-Anthocyane) sowie einige Vitamine (E, A, Beta-Carotin, C) und Spurenelemente (Zink, Kupfer, Mangan, Selen), die über frische, hauptsächlich pflanzliche Kost angemessen aufgenommen werden können. Antioxidanzien nehmen den freien Radikalen das aggressive Reaktionsvermögen und schützen somit Körper und Gesundheit (Niki, 2014; Rahal et al., 2014). Dadurch ergibt sich ein theoretisches Potenzial, Antioxidanzien zur Gesunderhaltung zu supplementieren.

Wie wirken hochdosierte

Supplemente?

Untersuchungen zur Supplementierung mit Antioxidanzien beschreiben selten förderliche Effekte. Bereits bestehende Erkrankungen lassen sich in der Regel nicht behandeln. Im Gegenteil, es können gesundheitsschädigende Prozesse ausgelöst oder verstärkt werden (Steinhubl, 2008; Herrera et al., 2009): Immunzellen erzeugen gezielt freie Radikale, um Krebszellen, Bakterien und degenerierte Zellen abzutöten. Demnach wirken gewisse Mindestmengen freier Radikale gesundheitserhaltend (Seifried et al., 2007). Isolierte und hochkonzentrierte Antioxidanzien in Form von Nahrungsergänzungsmitteln senken allerdings den Gesamt-spiegel an Radikalen unter das notwendige Minimum. In der Folge lassen sich Krebszellen sowie Bakterien nicht angemessen bekämpfen und Zell-erneuerungsprozesse werden gestört. Die übermässige Inaktivierung von Sauerstoffradikalen, die durch Sport verursacht wurden, hemmt zudem die Funktionsoptimierungen des Redoxsystems (Pastor & Tur, 2019), was sich u. a. an der gehemmten Bildung körpereigener Antioxidanzien beobachten lässt.

Potenziell negative Auswirkungen auf die Gesundheit

Viele Antioxidanzien sind chemisch instabil. Bei der Reaktion mit freien Radikalen übernehmen sie deren oxidatives Potenzial. Aus einem Antioxidans kann unter bestimmten Umständen dadurch ein neues Radikal entstehen, welches nun selbst schädigen kann (Steinhubl, 2008; Rahal et al., 2014). Dabei muss Beachtung finden, dass manche antioxidative Stoffe zum Teil weitere Funktionen im Organismus erfüllen. Zum Beispiel wirkt das Beta-Carotin wachstumsfördernd: Bei Rauchern supplementiert, oxidiert Beta-Carotin zum Radikal, weshalb die Lunge dadurch nicht vor Krebs geschützt werden kann. Im Gegenteil: Das oxidierte Beta-Carotin fördert die Entstehung von Krebszellen und deren Wachstum, was das Risiko für Krebserkrankungen bei Rauchern erhöht (Albanes et al., 1995). Antioxidanzien-Präparate können sich negativ auf die Krebstherapie auswirken. Die Chemo- und Strahlentherapie beruht u. a. auf der Abtötung von Krebszellen mittels gezielt erzeugtem, oxidativem Stress. Abhängig von der Art der Krebs-erkrankung zeigen Krebszellen die Eigenschaft, supplementierte Antioxidanzien speichern zu können. Mit dem aufgebauten antioxidativen Potenzial wehrt sich die Krebszelle gegen die Therapie und entwickelt eine Resistenz gegen diese (Heaney et al., 2008). Im Sport können hochdosierte Anti-oxidanzien die trainingsbedingte Anpassung der Muskulatur (Gomez-Cabrera et al., 2008) und die Insulinwirksamkeit an den Muskelzellen stören (Ristow et al., 2009).

Fazit

Zum Teil kann die Supplementierung von isolierten, hochdosierten Antioxidanzien ungünstige Auswirkungen auf die Gesundheit haben. Die Verwendung industrieller Präparate sollte daher kritisch bezüglich der propagierten Wirkung hinterfragt werden. Unproblematisch und zu bevorzugen ist die Aufnahme von Antioxidanzien über Obst, Gemüse, Kräuter und Gewürze. Regelmässig mit pflanzlicher Nahrung aufgenommen, entfalten die enthaltenen Antioxidanzien gesundheitsfördernde Effekte (Balsano & Alisi, 2009). Zu präferieren sind natürlich gereifte, frisch geerntete und schonend zubereitete pflanzliche Nahrungsmittel (Ciudad-Mulero et al., 2020).

Auszug aus der Literaturliste

  • Niki, E. (2014). Antioxidants: basic principles, emerging concepts, and problems. Biomed J, 37 (3), 106–111.
  • Pastor, R. & Tur, J. A. (2019). Antioxidant Supplementation and Adaptive Response to Training: A Systematic Review. Curr Pharm Des, 25 (16), 1889–1912.

Für eine vollständige Literaturliste kontaktieren Sie bitte marketing@dhfpg-bsa.de.

Jan Prinzhausen

Der Ernährungswissenschaftler Jan Prinzhausen ist Dozent an der Deutschen Hochschule für Prävention und Gesundheitsmanagement (DHfPG) sowie der BSA-Akademie. Ausserdem ist er Ernährungsberater am Olympiastützpunkt Thüringen und veröffentlicht Bücher zu den Themen Sporternährung, Abnehmen und Ernährungsberatung.

www.dhfpg-bsa.de