Migros Zürich übernimmt das Fitnessgeschäft der Genossenschaften Aare und Luzern
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1. Dezember 2021

Was macht «digitalisieren» mit uns?

Alle sprechen von der Digitalisierung. Davon, die Mitgliederverwaltung noch mehr zu digitalisieren, den Zugang und die Bezahlung im Center zu vereinfachen und die Group Fitness Angebote digital anzubieten. Das ist die Zukunft, vor allem aus dem Blickwinkel von Geschäftsmodellen wie Gymhopper und ähnlichem. Was bedeutet diese Digitalisierung für Unternehmen und Mitarbeitende? Was macht sie mit uns und wer denkt daran, dass dies letztlich auch eine digitale Kultur benötigt?

Unternehmen mit einer ausgeprägten digitalen Kultur haben zufriedene Mitarbeitende und grossen wirtschaftlichen Erfolg, dies ist das Ergebnis einer Studie von Capgemini Consulting. Im Rahmen der Studie mit teilnehmenden Unternehmen wie Google, IBM oder SAP wurde die Frage erforscht, was es braucht in Unternehmen, welche in der digitalen Transformation schon weit fortgeschritten sind. Als Resultat haben die Berater von Capgemini in Zusammenarbeit mit der Universität Innsbruck acht Dimensionen digitaler Kultur herausgefiltert.

Digitale Strategie und digitale Kultur müssen zwingend gemeinsam gedacht werden. Das gilt seit je: Strategie, Struktur und Kultur gehören zusammen. Dieses Dreieck gilt in der Unternehmensführung seit Jahrzehnten. Unternehmen, welche mehr auf die Menschen als auf die Technologie achten, kommen beim Kulturwandel schneller und effektiver vorwärts. Die frühe Einbindung der Mitarbeitenden mit ihren Wünschen und Bedürfnissen ist eine wichtige Voraussetzung.

Das grösste Hindernis für den digitalen Kulturwandel gemäss oben genannter Studie ist die mangelnde Kommunikation mit den Mitarbeitenden, das Silodenken und unzureichender Umgang mit den Ängsten der Mitarbeitenden.

Mein Tipp: Nehmen Sie die Mitarbeitenden so früh wie möglich, besser noch früher, mit ins Boot mit transparenter Information, Kollaboration und dem Ansatz des lebenslangen Lernens.

Nachfolgend die acht Dimensionen mit einem Beschrieb und dem einen oder anderen Input für die Fitnesscenter.

Kollaboration

Als Kollaboration gilt die ideelle Zusammenarbeit zwischen Personen oder Gruppen von Personen. Das heisst, der interdisziplinäre und bereichsübergreifenden Austausch unter Mitarbeitenden mit Kunden und Mitbewerbern und Unternehmen, welche uns ergänzende Kernkompetenzen haben.

Das Teilen von Wissen wird in der Zukunft essenziell sein, weil sich Wissen sehr schnell entwickelt und verbreitet. Dies soll gezielt genutzt werden, über Bereiche und Hierarchien hinweg. Ein hoher Grad in Partizipation und Offenheit ist notwendig und soll in den Unternehmenswerten verankert sein. Digitale Plattformen werden gezielt genutzt, um Zusammenarbeit zu ermöglichen.

Mein Tipp: Nutzen Sie die Mitarbeitenden; sie sind die besten Unternehmensberater. Binden Sie die Mitarbeitenden früh ein mit transparenter Information. Oft sind diese im Umgang mit digitalen Tools auch schneller und besser als die Unternehmer selbst. Lassen Sie im ganzen Prozess Fehler zu und lernen daraus.

Entrepreneurship

Als Entrepreneurship bezeichnet man einerseits das Ausnutzen von unternehmerischen Gelegenheiten und die Gestaltung der dazugehörigen Prozesse. Anderseits ist es eine wissenschaftliche Teildisziplin der Betriebswirtschaft.

Wer im Bereich von Entrepreneurship richtig gut unterwegs ist, integriert neue Marktimpulse und Trends schnell in das bestehende Geschäftsmodell. Mitarbeitende werden dabei befähigt, Risiken einzugehen und eigene Ideen umzusetzen. Sie spielen eine aktive Rolle in der Mitgestaltung des Unternehmens. Das eigene Geschäftsmodell wird kontinuierlich gemeinsam analysiert und den veränderten Marktverhältnissen angepasst. Im Team hören sie unablässig den Pulsschlag der Branche und nehmen die Ausschläge wahr; und reagieren in der Anpassung des Geschäftsmodells.

Mein Tipp: Prüfen Sie regelmässig Ihr Geschäftsmodell. Nur so wird das Unternehmen langfristig erfolgreich am Markt positioniert sein. Dies ist in der sich schnell drehenden VUKA-Welt eine (neue) Daueraufgabe des Unternehmens.

Agilität

Agilität ist das Merkmal von Organisationen, welche flexibel und proaktiv agieren, die Branche gut antizipieren und notwendige Veränderungen einführen und umsetzen.

Dynamisches Denken und Handeln charakterisieren agile Unternehmen. Sie passen sich schnell veränderten Bedingungen an, sei es Umweltbedingungen oder Kundenbedürfnisse. Neue Impulse werden zeitnah aufgenommen und umgesetzt. Die Prozesse und Strukturen werden agil gestaltet und können so bedarfsgerecht angepasst werden.

Mein Tipp: Corona hat uns mit aller Härte getroffen. Aber jetzt gilt es eben, agil zu sein. Es ist an der Zeit, sich über Angebote zum Nutzen der Kunden*innen und über neue Preismodelle Gedanken zu machen. Oder über die für das Angebot angepasste Infra-struktur. Je schneller, desto besser. Ein tolles Beispiel dazu konnte man in der letzten Ausgabe über die Frage: «Schwimmbecken ja oder nein» lesen.

Kundenorientierung

Kundenorientierung heisst, die Prozesse und das Marketing konsequent auf die Bedürfnisse der Kundschaft auszurichten. Der Ausspruch «Der Kunde ist König» darf heute hinterfragt werden. Die Kunden von heute sind nicht Könige, sondern fordern uns täglich in allen Bereichen des Unternehmens heraus. Wenn wir diese Herausforderungen nicht annehmen, laufen uns diese Könige davon.

Eine Kultur der Kundenorientierung ist dann gegeben, wenn die Kundschaft im Zentrum des gesamten Denkens und Handelns steht. Ein enger Austausch und individuelle Interaktion und Kommunikation mit den Kunden ist ein tägliches Muss. Neue Lösungen werden mit der Kundschaft zusammen entwickelt. Digitale Tools helfen uns, im Dialog mit den Kunden zu bleiben. Kundenbedürfnisse werden permanent anhand von Daten und Tools analysiert und daraus entsprechende Handlungspläne abgeleitet.

Mein Tipp: Fragen Sie die Kundschaft, was sie will und welche Bedürfnisse sie hat. Und richten Sie danach das Angebot und die Infrastruktur danach aus. Auch hier gilt – wenn nicht jetzt, wann dann?

Digitale Technologien und digitalisierte Prozesse

Die digitale Transformation im engeren Sinn wird durch digitale Technologien und darauf beruhenden Kundenerwartungen ausgelöste Veränderungsprozesse definiert. Es ist folglich ein fortlaufender, digitaler Veränderungsprozess.

Digitale Tools und Plattformen sind ein zentraler Faktor bei der digitalen Transformation und werden dafür genutzt, interne und externe Prozesse zu optimieren. Entscheidungen werden datenbasiert gefällt. Daten werden also gesammelt, ausgewertet und als Entscheidungsgrundlage aufbereitet. Digitale Technologien helfen den Unternehmen bei der Analyse, der Planung und der Durchführung von Arbeitsprozessen.

Mein Tipp: Sammeln Sie nutzbringende Daten, um daraus abzuleiten, wie Sie das Angebot der Kundschaft anpassen können. Regelmässig und zeitnah.

Autonome Arbeitsbedingungen

Unternehmen, welche autonome Arbeitsbedingungen gewähren, geben den Mitarbeitenden Freiraum für eigenverantwortliches Handeln. Unterstützt werden sie dabei durch flexible Arbeitsmodelle und digitale Tools, damit die Mitarbeitenden selbstständig über Arbeitszeiten und Arbeitsort entscheiden können.

Selbstständigkeit, Eigeninitiative und Selbstführung der Mitarbeitenden werden gefördert und durch die entsprechenden Unternehmensstrukturen unterstützt. Dadurch erleben die Mitarbeitenden einen sehr hohen Grad an Gestaltungs- und Entscheidungsspielraum.

Natürlich, dies ist nicht alles immer umsetzbar. Das Fitnesscenter hat Öffnungszeiten und lässt sich schlecht im Homeoffice kombinieren. Aber ja, hier gibt es noch Optionen, um den Mitarbeitenden mehr Spielraum abzugeben. Und ja, starre Öffnungszeiten sind im heutigen Umfeld passé – und damit auch starre Arbeitspläne.

Mein Tipp: Geben Sie den Mitarbeitenden mehr Verantwortung und das dazu nötige Vertrauen. Sie werden es ihnen mehr als nur zurückgeben. Die Mitarbeitenden sind fähig und willens, mehr Verantwortung zu übernehmen.

Digital Leadership

Digital Leadership ist ein wissenschaftlicher Ansatz zur Definition von Aufgaben und Werkzeugen in Zeiten der Digitalisierung im Allgemeinen und in Phasen der digitalen Transformation im Speziellen.

Hier liegt ein starker Fokus auf die Mitarbeitenden. Die Führungscrew vermittelt eine klare Strategie und Vision. Die Führungskräfte haben eine ausgeprägte Mitarbeiterorientierung. Sie befähigen die Mitarbeitenden zur eigenen Entwicklung. Sie sind folglich mehr Coach als Chef. Die Bindung der Mitarbeitenden zum Unternehmen erhöht sich und für die Führung ergeben sie neue Möglichkeiten in Form der digitalen Führung. Sie arbeiten mit dem Team unabhängig von Ort und Zeit. Die dafür nötigen Kompetenzen sind im aktuellen Umfeld schleunigst «abzuholen».

Mein Tipp: Teams, virtuelle Teams zu führen, benötigt völlig neue Kompetenzen der Führung. Hier gilt es sehr schnell die eigenen Kompetenzen als Führungskraft aufzubauen. Führung nach altem Stil hat in der digitalen Transformation ausgedient.

Innovation und Lernen

Innovation in Unternehmen ist überlebenswichtig, ist aber auch ein natürlicher Lernprozess. Innovation wird nicht von Menschen geschaffen, die etwas noch nie Dagewesenes erschaffen. Im Alltag sind Innovationen oft nicht sehr spektakulär. Innovation und Lernen ist ein KVP – ein kontinuierlicher Verbesserungsprozess.

Erfolgreiche Unternehmen investieren viele Ressourcen in diesem Bereich, personell und finanziell. Das Umfeld wird kreativitätsfördernd entwickelt, damit neue Ideen entstehen können. Gewohnte Prozesse werden kritisch hinterfragt und wenn nötig schnell angepasst. So entsteht diese Bereitschaft, Neues zu wagen oder jeden Tag um eine Idee besser zu werden.

Mein Tipp: Gestalten Sie Aufenthaltsräume oder Büros nicht als Abstellkammern, sondern als lustmachende Orte, wo sich alle Mitarbeitenden gerne aufhalten. Da hat es noch viel Potenzial nach oben. Oder finden sie es gut, wenn der Aufenthaltsraum der Mitarbeitenden kein Fenster hat?

Reise der Transformation

Es empfiehlt sich, nicht alles auf einmal anzugehen. Nehmen Sie auf jeden Fall die Mitarbeitenden und Kunden mit auf diese Reise der digitalen Transformation. Nach einer ausführlichen Analyse werden diejenigen Dimensionen angegangen, welche schnell umgesetzt werden können. Dieses Vorgehen hat den Vorteil, dass immer nach einem erfolgreichen Schritt der nächste mit grosser Motivation bestimmt und umgesetzt werden kann. Die digitale Transformation bringt einen spürbaren Gewinn für alle Beteiligten. Haben Sie den Mut, die Reise der digitalen Transformation zu buchen und zu starten. Viel Erfolg.

Peter Regli 

Peter Regli ist Buchautor, Dozent und Referent. Er doziert an diversen Ausbildungsinstitutionen und bietet Workshops im Bereich Strategieent­wicklung für kleinere Unternehmen an. Individuelle Themen bietet er als Inhouse-Schulungen oder als Online-Coaching für Menschen und Unternehmen an. Sie erreichen ihn per Mail mit pr@peter-regli.ch oder auf seine Website www.peter-regli.ch