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Check für Job und Unternehmen

Die VUKA-Welt hat uns eingeholt. Volatilität, Unsicherheit, Komplexität und Ambivalenz – dafür steht der Begriff VUKA. Derzeit sind die Arbeit und das Leben in einem Wandel, was dazu führt, dass Job oder Firma plötzlich nicht mehr passen. Der sogenannte Fit, die Passung von Person und Job, ist ins Wanken gekommen. Fit wird umschrieben mit «Die Arbeitssituation ist objektiv gut und fühlt sich auch gut an.» Dasselbe gilt für die Firma und den Chef. Dies wird oft nicht oder zu spät erkannt. Derzeit höre ich einige negative Stimmen, wie schwierig die Situation doch sei und wie schwierig es beispielsweise sei, neue Mitarbeitende zu gewinnen. Nur wenige bringen diesen Umstand mit dem Fit in Verbindung. Ein möglicherweise schwerwiegendes Missverständnis.

Passt der Job noch zu mir?

Vielleicht kennen Sie die Geschichte vom Frosch. Dieser wird in einen Topf mit kaltem Wasser gesetzt. Danach wir das Wasser erhitzt und der Frosch gewöhnt sich an die höhere Temperatur; bis zum bitteren Ende. Warum nur springt er nicht aus dem Topf, fragt sich die kluge Leserschaft. Er gewöhnt sich an die hohen Temperaturen, ohne sich der Gefahr bewusst zu sein, in welcher er sich befindet. So gewöhnen sich auch viele Mitarbeitende an die ungünstigen Umstände in einer Firma, werden resistent und verkennen die Gefahr, dass es die Firma nicht mehr geben wird oder ihre eigene Zufriedenheit im Job in den Keller sinkt. Daraus folgt die innere Kündigung. So lässt sich weder Erfolg noch Zufriedenheit im Job erzielen.

Beide Situationen bringen nur Verlierer. Das Unternehmen verliert die guten Mitarbeitenden, viel Know-how und Erfahrung; die Mitarbeitenden verlieren den Job und das Umfeld. Sie fühlen sich nicht mehr wohl, werden gleichgültig und sind nicht mehr bereit, sich den Herausforderungen der Weiterentwicklung zu stellen.

Fit Check für Mitarbeitende

Wenn der Job nicht mehr passt, gilt es früh, die richtigen Weichen zu stellen. Oder eben die richtigen Fragen zu stellen, weit bevor der Zustand der inneren Kündigung erreicht ist. Dann ist es zu spät. Oft wissen die Mitarbeitenden nicht, wo sie ansetzen sollen. Es hilft ihnen niemand dabei – weil sie den Zustand der inneren Kündigung aus offensichtlichen Gründen nicht offenlegen.

Im Weiterbildungsmagazin «managerSeminare» vom Mai 2021 haben Nils-Torge Telle und Christine Flassbeck ein interessantes Tool zum Thema vorgestellt. Sie visualisieren das Thema mit dem «Fit-Wheel», wie sie es nennen. Sie fassen sechs Themen zu einem Spinnennetz grafisch zusammen (jeweils mit einer Skala von 0–10). Es lohnt sich, sich mit diesen sechs Themenfelder auseinanderzusetzen, um zu klären, ob der aktuelle Arbeitsplatz eben Fit ist oder ob es höchste Zeit ist, etwas zu verändern. Im Folgenden die sechs Themenfelder mit einigen Fragestellungen dazu, in Anlehnung an Nils-Torge Telle und Christine Flassbeck:

Führungskraft: Fühle ich mich von meinem Vorgesetzten oder meiner Vorgesetzten verstanden? Unterstützt er oder sie mich in der persönlichen und beruflichen Entwicklung? Entsprechen die mir übertragenen Aufgaben meinen Interessen; bin ich damit zufrieden? Erhalte ich regelmässig ehrlich gemeinte Wertschätzung? Wie kommt Feedback, in beide Richtungen, an und was passiert damit? Kenne ich Ziele und Strategie des Unternehmens? Weiss ich, was meine Vorgesetzten genau von mir wollen – sprich habe ich klare Jahresziele mit Kriterien und allfälligen Sanktionen bei Nicht-Erreichung?

Ihre Einschätzung von 0–10? Wobei die 0 für «Es passt gar nichts» und die 10 für «Ich fühle mich hier sehr wohl» steht.

Kolleginnen und Kollegen: Wie gehen wir im Team miteinander um? Wie empfinde ich die Zusammenarbeit? Bin ich Teil des Teams oder das fünfte Rad am Wagen? Welche Rolle habe ich im Team mit welchen Verantwortlichkeiten und Kompetenzen? Sind die Aufgaben gerecht untereinander verteilt oder machen immer dieselben Personen die unangenehmen Aufgaben? Denken und handeln wir als Team?

Ihre Einschätzung von 0–10?

Tätigkeit: Bereitet mir mein Aufgabengebiet noch immer Spass und Freude? Wie gut erledige ich die mir übertragenen Aufgaben? Benötige ich Unterstützung? Darf ich regelmässig spannende Weiterbildungen besuchen? Auch welche, die nur vordergründig mit meinen Tätigkeiten zu tun haben? Möchte ich gerne mehr Verantwortung übernehmen?

Ihre Einschätzung von 0–10?

Eigene Entwicklung: Was sind meine persönlichen Ziele im Leben, beruflich und privat? Sind diese Ziele kompatibel mit dem aktuellen Arbeitsplatz? Welche Entwicklungsmöglichkeiten bietet mir der aktuelle Job oder sogar die Branche? Ist der Job nur dafür da, am Ende des Monats den Lohn einzustreichen? Welche persönlichen Stärken darf ich täglich einbringen?

Ihre Einschätzung von 0–10?

Motivation: Was ist mein Antrieb für diesen Job und diese Branche? Warum bin ich überhaupt noch hier? Wie schnell vergeht die Zeit während dem Arbeiten? Mache ich gerne Überstunden? Welches Motiv hält mich im Job oder legt einen Wechsel nahe?

Ihre Einschätzung von 0–10?

Arbeitsgestaltung: Darf ich in meinem Arbeitsgebiet selbständig entscheiden? Kann ich eigene Ideen einbringen und diese verfolgen? Decken sich die Ansprüche von Beruf und privatem Umfeld mit der aktuellen Arbeitssituation? Wie viel Flexibilität habe ich bezüglich Arbeitsort und Zeitgestaltung? Lassen sich die Anforderungen im Beruf gut mit dem Privatleben vereinbaren? Sind die Rahmenbedingungen klar, verständlich und nachvollziehbar?

Ihre Einschätzung von 0–10?

Wie weiter jetzt?

Wo drückt der Schuh am meisten? Welchen Bereich müssen Sie verändern, um ein Mehr an Fit zu erreichen? Sind es nur ein oder zwei Bereiche, lässt sich das wohl verbessern. Sind es mehr Bereiche, wo die Einschätzung nur zwischen eins und fünf liegt, müssen Sie nicht verbessern, sondern handeln.

Nehmen Sie die Bereiche, in denen Verbesserungen notwendig scheinen, die Fragen von oben mit und überlegen Sie sich, was genau verändert werden muss, damit Sie näher bei Ihrer Einschätzung näher zur Zehn kommen. Wer ist für den Anstoss und die Umsetzung verantwortlich? Wer kann Sie unterstützen, Ihren persönlichen Fit am Arbeitsplatz zu verbessern?

Legen Sie jetzt konkrete Handlungen fest und verorten Sie diese mit Verantwortlichkeiten und Terminen? Erstellen Sie also einen Handlungsplan für ein besseres Fit. Das halten Sie in schriftlicher Form fest, weil dies mehr Verbindlichkeit schafft. Perfekt wird es, wenn sie eine Person ihres Vertrauens mit ins Boot, sprich in den Prozess, nehmen als Mentor oder Mentorin, welche Sie in der Umsetzung unterstützt.

Und die Unternehmen?

Nach dem genau gleichen Schema lässt sich das Unternehmen prüfen. Ein «Fit-Wheel» für das Unternehmen kann gleich aufgebaut werden. In Anlehnung an Nils-Torge Telle und Christine Flassbeck mache ich einen Versuch, wie die Bereiche sinngemäss aussehen könnten.

Management: Wie sind wir organisiert? Wie sind die Prozesse gestaltet und sind sie up to date? Nach welchen Führungsgrundsätzen leben wir? Sind wir auf die Arbeitswelt der Zukunft vorbereitet?

Angebot: Sind unsere Dienstleistungen nahe am Kunden? Reagieren wir auf die Zukunft mit ebensolchen Angeboten? Sind On-Demand Angebote geplant oder schon in der Umsetzung? Tun wir dies mit richtig gutem technischem Equipment? Spüren wir Trends und reagieren darauf?

Abo Struktur: Sind unsere Abo Strukturen noch richtig? Sind die üblichen Jahresgebühren noch sinnvoll? Wollen wir auf ein monatliches Bezahlsystem wechseln? Haben wir transparente und kundenfreundliche Bedingungen? Kann der Kunde jederzeit bei uns auf Ende des Monates aussteigen?

Geschäftsmodell: Ist unser Geschäftsmodell noch richtig? Verfügen wir in Zukunft über die richtige Infrastruktur? Mit welchen Zielgruppen wollen wir es zu tun haben? Sind wir ein Nischenplayer mit hoher Qualität oder ein Mitläufer mit einem Gesamtangebot? Welche Kooperationen pflegen wir?

Entwicklungsmodi: Wie wollen wir uns und unsere Mitarbeitenden entwickeln? Welchen Mitteleinsatz stellen wir dafür bereit? Wie gestalten wir den kontinuierlichen Verbesserungsprozess? Wie prüfen wir die Geschäftsprozesse und in welchen zeitlichen Abständen?

Digitalisierung: Sind wir bereit für die Herausforderungen der Zukunft? Sind unsere Verkaufs- und Betreuungskonzepte schon digitalisiert? Ist unser Marketing digital angepasst und bereit?

Kultur: Geben wir unseren Mitarbeitenden Vertrauen? Haben unsere Mitarbeitenden eine hohe Entscheidungsbefugnis? Führen wir mit Resultaten und nicht mit der Arbeitszeit? Sind wir attraktiv genug für junge Mitarbeitende?

Bewerten sie als Unternehmer ebenfalls jeden Bereich mit der Skala von 0–10. Danach geht es genau gleich weiter wie oben beschrieben für die Mitarbeitenden.

Regelmässig diesen Check zu machen, lohnt sich auf jeden Fall, ob als Mitarbeitende oder Unternehmer. Nur so können individuelle Entwicklungen angestossen werden. Wir entwickeln uns weiter. Je nach Ausgangslage heisst dies, neue Fähigkeiten zu erwerben, Aufgaben neu zu verteilen, neue Funktionen einzuführen und dafür bestehende zu streichen. Mehr Kundenkontakte oder ein gänzlich anderes Marketing oder eine neue Struktur der Abos. Die Puzzleteile sind vielfältig – die richtigen zum Gesamtbild zusammenzubringen ist die Herausforderung.

Peter Regli 

Peter Regli ist Buchautor, Dozent und Referent. Er doziert an diversen Ausbildungsinstitutionen und bietet Workshops im Bereich Strategieent­wicklung für kleinere Unternehmen an. Individuelle Themen bietet er als Inhouse-Schulungen oder als Online-Coaching für Menschen und Unternehmen an. Sie erreichen ihn per Mail mit pr@peter-regli.ch oder auf seine Website www.peter-regli.ch