Warum eigentlich EMS Geräte von XBody?
5. August 2021
Digitale Innovationen bei der SAFS: Neue Ausbildungsformen für mehr Flexibilität
5. August 2021

Über die Pflanzen- und Tierwelt* (inkl. Mensch) und die Bedeutung der Muskulatur

Abb. 1: Erdgeschichte und Muskel

Vorbemerkungen

Zum Titel dieses Artikels lässt sich ohne vorgehende Erklärungen kaum Sinnvolles und Verständliches schreiben. Die Lebewesen von Flora und Fauna weisen grundsätzlich unterschiedliche Merkmale auf, sonst gäbe es die Aufteilung in Flora und Fauna gar nicht. Um allzu ausführliche und detaillierte Beschreibungen zu vermeiden, wurden die nachfolgenden Ausführungen nach dem Prinzip «so wenig wie möglich, so viel als nötig» formuliert. Obwohl wie überall in der Natur fliessende Übergänge bestehen, gibt es zwei wesentliche Unterschiede zwischen Flora und Fauna:

  • Autotrophe vs. heterotrophe Ernährung
    Die Pflanzenwelt ernährt sich autotroph, indem sie mittels Licht aus CO2 und H2O Kohlenstoffstrukturen und O2 produziert. Die Tierwelt ernährt sich demgegenüber heterotroph von anderen Lebewesen (Pflanzen / Tiere). Die Biomasse der Tierwelt besteht aus fünf gasförmigen und acht festen Grundstoffen, welche in Form von Eiweissen, Fetten und Knochensubstanz die verschiedenen Organe bilden.
  • Automobilität vs. Heteromobilität
    Pflanzen können sich nicht selbstbewusst und selbstbestimmt bewegen, besitzen also im Gegensatz zur Tierwelt keine Automobilität, sondern sind auf Wind und Wasser angewiesen. Ihre Mobilität ist fremdbestimmt und wird deshalb als Heteromobilität bezeichnet.

Der Muskel als Voraussetzung für Automobilität

Ohne Muskeln gibt es keine selbstbestimmte Bewegung. Die Muskulatur ist eine der bedeutendsten Entwicklung der Evolution. Das Erkennen der Wichtigkeit der Muskulatur für die gesamte Tierwelt ist aber eine grosse Herausforderung, weil uns Menschen der Sinn für die gewaltigen zeitlichen Dimensionen, die der Evolution für Neuentwicklungen und deren Bewährungsprobe zur Verfügung standen, vollständig abgeht. Dieses Kapitel dient hauptsächlich auch dazu, die riesigen zeitlichen Dimensionen der Evolution bewusst zu machen und jene Entwicklungen zu erkennen, die sich offensichtlich schon sehr lange bewährt haben. Eine dieser Entwicklungen ist der Muskel. Abbildung 1 zeigt die gewaltigen Zeitdimensionen der Erdgeschichte.

Das Muskel-Myosin als Molekül ist uralt und manifestiert seine Bedeutung und Bewährtheit schon allein durch die unglaubliche Dauer seiner Existenz. Ein Supermodell also, das für sehr viele Lebewesen eine grosse Bedeutung hat! Wie Abbildung 1 zeigt geht es hier nicht um Tausende, oder Zehntausende oder Hunderttausende, sondern um tausende Millionen von Jahren. Ein Molekül wie das Myosin, das mehr als tausend Millionen Jahre Bestand hatte und sich bewährte, ist ganz grundsätzlich von grösster Bedeutung! Da ist der Mensch inklusive der Vormenschen mit seiner Geschichte von vielleicht 3–4 Millionen Jahre ein absoluter Winzling, ein Modell, das sozusagen noch in der Versuchsphase der Evolution steht. Unter anderem deshalb braucht Homo sapiens für diesen Planeten auch keinen Plan B, hingegen hat der Planet für Homo sapiens eine ganze Reihe von Eventualplänen…

Abb. 2: Die letzten zehn Zentimeter

Abbildung 2 zeigt diese Unbedeutsamkeit des Menschen auf. Komprimiert man die Geschichte unseres Planetensystems ab der Entstehung der Erde bis in die Jetzt-Zeit, also heute, auf einen Kilometer, dann taucht der Muskel bereits etwa 420 m vor der Ziellinie (= Jetzt/Heute) auf. Alles, was menschlich oder menschennah ist, erscheint erst auf dem letzten Meter: Die ersten menschenähnlichen Wesen (Australopithecus afarensis) etwa 44 cm, das erste menschliche Wesen (Homo erectus) erscheint 20 cm vor der Ziellinie, die ältesten fossilen Belege von Homo sapiens sind rund 300’000 Jahre alt, was einer Distanz von 6,5 cm zur Ziellinie entspricht. Der Neandertaler ist vor ca. 30’000 bis 40’000 Jahren ausgestorben – weniger als ein Zentimeter vor der Ziellinie und Christi Geburt ist sogar nur noch knapp einen halben Millimeter von der Ziellinie entfernt.

Abb. 3: Die Dienstleister der Muskeln

Der Muskel steht im Zentrum

Im Erdzeitalter Kambrium vor 541 bis 485 Millionen Jahren kam es in äusserst kurzer Zeit, aber aus nach wie vor nicht bekannten Gründen zu einer eigentlichen Explosion der Pflanzen- und Tierarten. In dieser Zeit entstanden auch die ersten Fische und mit ihnen und verwandten Tieren kam auch die Bedeutung des Muskels zum Tragen; denn eine Kontraktion eines Muskels im Wasser bewirkt – anders als in der Luft – auf Grund der grösseren Dichte von H2O bereits etwas. Um die entstehende Bewegung möglichst optimal auf die Umwelt abzustimmen waren drei Entwicklungen nötig:

  • Die Entwicklung der Sinne für die Wahrnehmung der Umwelt
  • Ein Steuerungssystem, welches die Muskelkontraktionen gemäss den Informationen der Sinne, gezielt steuern konnte.
  • Ein Knorpel- später auch knöchernes Skelett, welches die Kontraktionskraft auch in die umweltkonforme Bewegungsrichtung lenkte.
    Der Muskel hatte also drei Hilfssysteme entwickelt, ohne die eine sinnvolle Automobilität gar nicht möglich ist. Die gilt insbesondere für das Gehirn. Man kann ohne Übertreibung festhalten, dass das Gehirn nur dazu da ist, Bewegung sinnvoll und stimmig zu machen. Ein eindrückliches Beispiel dafür sind die Seescheiden (Manteltiere/Ascidiae). Sie durchleben zwei Phasen, eine erste als Larven, die sich bewegen können und deshalb ein Gehirn haben, eine zweite als sessile Tiere, die festgewachsen sind und ihren Aufenthaltsort nicht wechseln können. Sobald sie im Erwachsenenzustand festgewachsen sind, wird das Gehirn nicht mehr gebraucht und deshalb als Energielieferant verdaut.

Nun benötigt die Querbrückenrückbildung von Myosin und Aktin nicht nur Energie in Form von ATP (Adenosintriphosphat) und dessen Re-Synthese nach der Abspaltung eines Phosphatteiles, sondern auch O2. Ausserdem müssen die «Abfallprodukte», u. a. CO2 und H2O, auch wieder abtransportiert werden. Dazu entwickelten sich im Laufe der Evolution Transportsysteme. Der Blutkreislauf mit dem Herz als Motor dient der Muskulatur als wichtigstes aktives Transportsystem. Die Bereitstellung und Entsorgung der Transportgüter O2 und CO2, sowie teilweise auch von H2O wird vom Atmungssystem mit den Atemwegen und der Passivpumpe Lunge vorgenommen. Die Bereitstellung und Entsorgung von Nährstoffen und H20 wiederum erfolgen durch das Verdauungssystem, die Leber, die Niere und teilweise die Haut.

Abbildung 3 zeigt, dass alle diese Dienstleistungssysteme der Muskulatur dienen, die Lebewesen der Pflanzenwelt kennen diese Organsysteme nicht! So kann es denn nicht verwundern, es ist viel mehr logisch, dass eine Vernachlässigung der Muskulatur auch zu gravierenden Einbussen bei den Dienstleistungssystemen führt.

Da stellen sich doch Fragen wie:

  • Wenn die Muskulatur so fundamental wichtig für den Menschen und seine Gesundheit ist, warum tragen wir als Spezies ihr denn nicht mehr Sorge?
  • Wenn die Muskulatur so fundamental wichtig für den Menschen ist, warum wird denn die Fitnessbranche, die als einzige effizientes Muskeltraining für jede Frau und jeden Mann anbietet, nicht als systemrelevant angesehen und beispielsweise während einer Pandemie gleich geschlossen?

Über diese beiden Fragen und insbesondere über die Konsequenzen aus den Antworten ist in der nächsten FITNESS TRIBUNE mehr zu lesen.

Paul Eigenmann

QualiCert AG

www.qualicert.ch

 

* Pflanzen- und Tierwelt tragen die Namen von Göttinnen aus der römischen Mythologie. Die Pflanzenwelt wird als Flora nach der Göttin der Blüte und die Tierwelt als Fauna nach der Tochter des Feld- und Waldgottes Faunus bezeichnet.