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Thomas Küttner: Neuer Managing Director bei basefit.ch

PureGym, Grossbritanniens grösster Fitnessstudio-Betreiber, hat Anfang 2020 Fitness World (Besitzer von basefit.ch) übernommen. Dank dem Verkauf von Fitness World soll basefit.ch in der Schweiz zukünftig noch schneller wachsen. Viele neue Standorte sind in der Planung. Zudem gab es jetzt mit Thomas Küttner einen neuen Managing Director.

Roger Gestach sprach mit Thomas Küttner.

RG: Lieber Thomas, vor knapp zwei Jahren wurdet Ihr von Fitness World übernommen. Nun wurde Fitness World Anfang Jahr durch Pure Gym übernommen, somit auch Ihr. Was bedeutet dies nun für basefit.ch?

TK: Nach der Übernahme durch die Fitness World Gruppe haben wir in den vergangenen zwei Jahren viel Engagement in strukturelle Veränderungen gesteckt – basefit.ch hatte zum damaligen Zeitpunkt ein System etabliert, das in der Lage war 30–50 Clubs zu managen. War das System aber zu diesem Zeitpunkt auch fit für 80–140 Clubs? Wahrscheinlich nicht.

Während der letzten zwei Jahre haben wir 16 Clubs eröffnet, trotzdem lag unser Fokus mehr auf der Skalierbarkeit des bestehenden Geschäftsmodells. Fitness World mit seinen über 200 Clubs und 500’000 Kunden in Dänemark und Polen hat uns sehr dabei geholfen, ihre Erfahrungen in unser Geschäftsmodell einzubringen. Das war eine enorm hilfreiche Unterstützung, die nun mit der Pure Gym Übernahme Anfang des Jahres nochmal getoppt wurde. Wenn man sich die Vergangenheit sowohl von Pure Gym, als auch Fitness World anschaut, ist hier vor allem die rasante Expansion im eigenen Land bemerkenswert. Die Intention der Übernahme von basefit.ch war, die gleiche Story ausserhalb der eigenen Ländergrenzen ins Ausland zu exportieren. Im Moment befinden wir uns noch im COVID-19 Modus, werden aber sehr schnell wieder unsere ambitionierten Expansionsbestrebungen forcieren.

RG: Inwiefern profitiert basefit.ch in der Schweiz von diesem Deal? Welches sind die Vorteile, nun Teil des drittgrössten Betreibers von Fitnessanlagen in Europa mit 1,7 Millionen Mitgliedern zu sein?

TK: Zunächst mal kam zusammen mit Pure Gym auch deren Inhaberschaft Leonard Green and Partners, einer grossen amerikanischen Private Equity Gesellschaft mit ins Boot, sodass sich auch in Zukunft die finanziellen Voraussetzungen für die weitere Expansion grundlegend ändern werden.

Darüber hinaus sollte man nicht unterschätzen, wie viel Knowhow und Lösungen für die unterschiedlichsten Themenbereiche bereits in der Gruppe existieren und nicht erst innerhalb von sehr zeit- und kostenintensiven Entwicklungsprozessen gestemmt werden müssen. Wir haben nun Zugang zu einem enorm wertvollen Baukasten, aus dem wir uns zukünftig bedienen können. Nehmen wir z. B. unser Mitgliederbefragungstool, welches uns seit vergangenem Jahr erlaubt, live und automatisiert Kundenzufriedenheit auf Clubebene zu tracken. Die Umsetzung erfolgte innerhalb von knapp zwei Wochen – in der Vergangenheit wäre dies deutlich länger gegangen. Ähnlich verhielt es sich bei der Einführung der Gruppen eigenen Supplement Serie – Functional Nutrition. Hier bekamen wir sofort Zugang zu den Produkten und konnten uns viele Entwicklungsjahre sowie komplizierte Einfuhrprozesse sparen.

Durch die Grösse ergeben sich natürlich auch klar Kostenvorteile beim Neubau und Unterhalt von Clubs, da u. a. aufgrund des höheren Volumens eine bessere Verhandlungsposition gegenüber Lieferanten entsteht.

RG: Steen Albrechtslund war bisheriger Gruppen CEO der Fitness World Gruppe und als Working Chairman für basefit.ch tätig, du warst bisher COO. Steen widmet sich zukünftig neuen Projekten und du wurdest neuer Managing Director. Herzliche Gratulation zur Beförderung. Erzähle uns doch mehr darüber und wie Ihr zukünftig organisiert seid.

TK: Vielen Dank. Zunächst mal sind wir sehr dankbar für den neuen Wind, den Steen hier bei uns eingebracht hat. Er hat massgeblich die jetzige positive Entwicklung, sowohl in der Schweiz als auch in Dänemark und Polen beeinflusst. In der Gruppe gibt es je einen Managing Director, der für den nationalen Geschäftsgang verantwortlich ist. Darüber übernimmt Humphrey Cobbold, der vorher für das Geschäft in UK verantwortlich war, die Rolle als Group CEO. Für basefit.ch sind wir gerade auf der Suche nach weiterer Unterstützung, um das Managementteam zu komplementieren.

RG: Wie sehen eure Wachstumspläne in der Schweiz aus und an welchen Standorten werden die nächsten Eröffnungen stattfinden?

TK: Grundsätzlich möchten wir unser Angebot zukünftig nicht nur auf den deutschsprachigen Raum in der Schweiz beschränken und auch die Romandie für neue Standorte ins Auge fassen. Das Potential schätzen wir hier ebenfalls sehr hoch ein und haben daher in der Vergangenheit bereits angefangen, strategische Anstellungen im operativen als auch strategischen Geschäft zu tätigen.

Die Deutschschweiz ist aber nach wie vor nicht weniger interessant. Hier werden wir sowohl bestehende Regio-nen weiter verdichten, als auch neue erschliessen.

Die Zeit seit dem Ausbruch von COVID-19 und den damit verbundenen Lockdown war insofern auch recht unbefriedigend für unsere Expansionspläne, als dass nicht genau abzuschätzen war, wie lange die aktuelle Situation anhalten würde. Wir haben einige bereits fertig verhandelte Mietverträge auf Eis legen müssen, da der Fokus verständlicher Weise ganz woanders lag. Am 25. Juli hat nun auch Pure Gym endlich wieder die Türen öffnen können, so dass alle Expansionsvorhaben wieder in Gang gesetzt werden.

RG: Können Fitnesscenter, die verkaufen wollen, sich nach wie vor bei Euch melden?

TK: Selbstverständlich prüfen wir jede Gelegenheit gewissenhaft, die sich für uns bietet. Von unseren aktuell 40 Standorten, haben wir knapp die Hälfte von einem anderen Fitnessbetreiber übernehmen können. Für uns sind daher beide Seiten attraktiv – der Zukauf von bestehenden Clubs sowie der Neubau eigener Anlagen.

RG: Es scheint so als würden einige Konkurrenten die Nähe zu Euren Anlagen förmlichen suchen und hier bewusst neue Clubs planen. Was haltet Ihr davon?

TK: Wir glauben auf Gruppenebene nicht an den Effekt, dass sich zwei unmittelbar benachbarte Fitnesscenter insofern gegenseitig begünstigen, dass beide Center einen grösseren Kundenstamm aufbauen können, als wenn sie als Standalone-Club in einem Einzugsgebiet operieren. Das ist die Erfahrung, die wir mit über 500 Filialen in ganz Europa gemacht haben.

Das Risiko für so eine Strategie ist vor allem dann hoch, wenn sich beide Anbieter im gleichen oder unmittelbar benachbarten Preissegment befinden; allenfalls gibt es noch eine Premium- und Value/Discount Koexistenz in städtischer Lage, die funktionieren könnte.

In anderen Branchen sieht das anders aus: Autogaragisten, Fast Food Restaurants bzw. andere Retailkonzepte können auf dieses Prinzip setzen. Es liegt vor allem an der individuellen Marktpenetrationsquote der jeweiligen Industrie; mit knapp 12 Prozent ist die Fitnessbranche aber weit hinter der notwendigen Grösse für so ein erfolgreich kopiertes Auto- bzw. Einkaufsmeilen Prinzip.

RG: Ihr habt in einigen Centern Live Gruppenkurse eingeführt? Führt Ihr dies nun flächendeckend ein?

TK: Bislang bieten wir in sieben Clubs bereits Live Groupfitness an und werden dies nun sukzessiv auf alle anderen Center ausrollen. Dazu haben wir bereits einige bauliche Massnahmen getroffen, so dass einer erfolgreichen Ergänzung des aktuellen Angebotes nichts im Weg steht. Live Groupfitness hat einen sehr grossen Stellenwert in der Gruppe – mehr als 35’000 Kurse finden hier pro Monat statt. Die dafür benötigten intelligenten Lösungen, um diese Vielzahl von Kursen zu koordinieren sind vorhanden und werden auch bei basefit.ch umgesetzt.

Das von uns Ende März initiierte «Group Fitness On Demand» Angebot, dass die Kunden während des Lockdowns zu Hause nutzen konnten, haben wir nun dauerhaft als Zusatzvariante aufgenommen.

RG: Ihr habt ein neues Designkonzept eingeführt und die neuen Center aufgewertet. Werdet Ihr jetzt alle Center so ausstatten?

TK: Die ganz neuen Anlagen, die seit August letzten Jahres eröffnet wurden, haben bereits davon profitieren können. Ende letzten Jahres haben wir bereits einige ältere Clubs renoviert und umkonfiguriert – es werden nun weitere folgen. Für eine gesunde Entwicklung in der Zukunft ist das Investieren in die Bestandsanlagen unerlässlich. Der Fokus liegt hier nicht nur ausschliesslich auf neuen Clubs; tatsächlich ist der Teil, der in den Bestand investiert wird, sogar deutlich grösser.

RG: Wie habt Ihr bisher die Corona-Krise überstanden?

TK: Die Euphorie über die Wiederöffnung aller Clubs, nachdem diese fast acht Wochen schliessen mussten, war gross, die Ergebnisse der ersten Woche dann doch ernüchternd: Die Besuchszahlen sind auf 70 Prozent zurückgegangen. Unmittelbar danach hat sich das aber enorm schnell erholt, so dass wir seit Woche vier nach dem Lockdown wieder auf dem gleichen Niveau liegen, wie zur gleichen Zeit im letzten Jahr. Hier muss man aber doch deutlich zwischen den unterschiedlichen Altersgruppen unterscheiden: Während wir bei den jüngeren Kunden unter 35 Jahren sogar deutlich zulegen konnten gegenüber letztem Jahr, sind die Besuchszahlen bei den über 60-Jährigen zurückgegangen. Da wir aber grundsätzlich eine eher junge Kundschaft haben, sind wir mit der Erholung sehr zufrieden und wahrscheinlich auch nicht ganz so stark betroffen wie andere.

Wir denken aber, dass die aktuellen sehr positiven Besucherzahlen vor allem von dem Fakt begünstigt werden, dass es schlichtweg immer noch ein eingeschränktes Freizeitangebot gibt und die Reiseaktivitäten weiter stark eingeschränkt sind. Hinsichtlich der Gesamtmitgliederentwicklung sind wir wieder auf dem gleichen Niveau, wie anfangs März.

RG: Herzlichen Dank für das Interview.