Hartnäckige Fitness-Irrtümer, 2. Teil Fortsetzung von FITNESS TRIBUNE Nr. 182, Seite 90
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Sind Gewichtheberübungen im Fitnesstraining sinnvoll?

Insbesondere im Langhanteltraining sind Gewichtheberübungen («ballistische Übungen») zur Verbesserung der Schnellkraftkomponenten sehr populär. Mit «Stossen» und «Reissen» sind ballistische Wettkampfübungen gemeint, die sogar den Status von olympischen Disziplinen innerhalb der Sportart Gewichtheben haben. Darüber hinaus sind ballistische Langhantelübungen feste Bestandteile im sportartbegleitenden Athletiktraining vieler Leistungssportler. Doch sind sie auch für Fitnesssportler sinnvoll?

Unabhängig vom olympischen Gewichtheben und Athletiktraining im Leistungssport erfreuen sich ballistische Langhantelübungen in den letzten Jahren auch im Fitnesssport, im Zuge des anhaltenden Trends «Functional Training», zunehmender Beliebtheit. Genau hier liegt ein zentrales Problem dieser ballistischen Langhantelübungen. Sie sind koordinativ sehr anspruchsvoll. Der motorische Lernprozess dauert im Vergleich zu konventionell ausgeführten Langhantel-übungen wesentlich länger. Darüber hinaus wirken aufgrund der explosiven Kraftmomente und Hantelbeschleunigungen hohe mechanische Belastungen auf die aktiven und passiven Strukturen des Bewegungssystems. Im Leistungssport werden die Athleten monate- und teilweise jahrelang auf solche komplexen Freihantelübungen vorbereitet. Leistungssportler der olympischen Gewichtheberdisziplinen trainieren seit ihrer Jugend an der Bewegungstechnik und bereiten ihr Bewegungssystem über die Jahre hinweg auf hohe Belastungen bei solchen Übungen vor. Diese intensive und lange Vorbereitung fehlt dem Fitnesssportler in der Regel.

Darüber hinaus herrscht im Fitness- und teilweise auch im Athletiktraining nach wie vor der Irrglaube, man müsse ballistische Langhantelübungen unbedingt mit maximal hohen Trainingslasten ausführen. In der Tat ist die einzige Sportart, bei der die Notwendigkeit besteht, solche ballistischen Langhantelübungen mit maximal hoher Kraftleistung auszuführen, das Gewichtheben mit den oben genannten Disziplinen «Stossen» und «Reissen». Die Leistungsfähigkeit des Gewichtshebers zeigt sich darin, diese Wettkampfdisziplinen mit der maximal möglichen Gewichtslast absolvieren zu können. Weder für den Fitnesssportler noch für den Athleten anderer Sportarten besteht diese Notwendigkeit. Im Fitnesssport kann sich beim Einsatz von ballistischen Übungen nun die folgende gefährliche Kombination ergeben: Technisch und physisch nicht adäquat vorbereitete Fitnesssportler führen Übungen, die eine hohe mechanische Belastung auf das Bewegungssystem auslösen, mit schlechter Technik und individuell zu hohen Trainingslasten aus. Es liegt auf der Hand, dass diese Mixtur aus schlechten Rahmenbedingungen eine Gefährdung der Gesundheit der Fitnesssportler darstellt.

Ungeachtet der vorab geschilderten Probleme und Umsetzungsschwierigkeiten bieten ballistische Langhantelübungen auch Vorteile für den Fitnesssportler. Die Kraftleistungsfähigkeit wird auch im Hinblick auf die Schnellkraftfähigkeit verbessert. Durch den Technikerwerb der ballistischen Übungen erweitert sich das Bewegungsrepertoire der Sportler. Die koordinativ-motorischen Fähigkeiten werden gezielt verbessert (z. B. auch die Gleichgewichtsfähigkeit). Zudem fördern ballistische Langhantelübungen die muskulär erzeugte Stabilität in den involvierten Muskel-Gelenk-Systemen, was letztendlich eine Prophylaxe gegen Verletzungen und degenerative Schäden am Bewegungssystem darstellt. Die Grundvoraussetzungen zum Erzielen der hier dargestellten positiven Effekte ballistischer Langhantelübungen bestehen darin, dass der Fitnesssportler auf diese mechanischen Belastungen vorbereitet wird und die Bewegungsabläufe technisch so korrekt erlernt werden, dass zumindest keine gesundheitsgefährdenden Fehlbelastungen bei der Bewegungsausführung entstehen und stets mit Gewichten trainiert wird, die dem technischen Niveau sowie dem Leistungs- und Gesundheitslevel des Fitnesssportlers entsprechen.

Bevor ballistische Langhantelübungen ausgeführt werden, muss sichergestellt sein, dass die komplexen Basisübungen mit der Langhantel (insbesondere die Varianten der Kniebeuge und des Kreuzhebens) technisch beherrscht werden. Solange bei diesen Grundbewegungen Defizite bestehen, macht es keinen Sinn, ballistische Langhantel-übungen auszuführen.

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