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Preispolitik im Konkurrenzfeld der Discounter

Von André Tummer

Die Wettbewerbssituation der schweizerischen Fitnessbranche zeigt eine ähnliche Entwicklung wie die der Handels- und Verbrauchermärkte. Gab es anfänglich ausschliesslich inhabergeführte Einzelanlagen, nahm später die Zahl der Multifunktionsanlagen zu, welche Fitness, Racketsportarten  und luxuriöse Wellnessanlagen in einem Unternehmen vereinten.

Die ersten Fitnessketten entstanden in den 80ger Jahren. Bis dahin positionierten sich Einzelanbieter und Kettenbetreiber alle im Premium- oder Mediumsegment. 2008 kamen die ersten Billiganbieter auf den schweizerischen Markt, mit reduziertem Angebot, die ganz auf das Massengeschäft «Fitness» ausgerichtet waren. Die zunehmende Differenzierung der Fitnessanbieter in verschiedene Konzeptionen geht bis zum heutigen Tag weiter.

Grossinvestoren haben schon lange den Wachstumsmarkt «Fitness- und Gesundheit» erkannt und erhoffen sich durch Expansionen und grosse Investitionen entsprechend hohe Renditen. Alle Einzelunternehmer unserer Branche müssen sich der Tatsache stellen, dass irgendwann «der Discounter um die Ecke» da sein wird. Da hilft kein Jammern und auch kein Nachplappern irgendwelcher Discounterklischees, sondern aktives Informieren und entsprechendes Handeln im eigenen Betrieb. Oft scheitert dies aber schon an simplen Begriffsdefinitionen und an einer unzureichenden Stärken- und Schwächenanalyse des eigenen Betriebs bzw. der des Konkurrenten.

Die Preiseinteilung eines Unternehmens gibt sein strategisches Verhalten vor. Folgende Tabelle gibt einen ersten Überblick über die Einteilung der in der Fitnessbranche üblichen Segmente:

Die Positionierung im Segment hat weitreichende und kaum nachträglich zu ändernde Folgen. In der folgenden Tabelle gibt es eine Übersicht über die Unterschiede ausgewählter Bereiche je nach Preisstrategie:

Aus dieser einfachen, aber sehr wichtigen Unterteilung lässt sich schliessen:

  1. Sie müssen als Unternehmer wissen, in welchem Segment Sie positioniert sind und sich darüber bewusst sein, dass Ihr komplettes strategisches Verhalten zu Ihrer Positionierung passen muss!
  2. Die Entwicklung der letzten Jahre belegt, dass Wachstum im Premium- und im Discountbereich stattfindet. Der Mediumbereich tut sich aufgrund seiner mangelnden Abgrenzung gegen oben und unten am schwersten!
  3. Der Discountbereich kann sich nur über den Preis abgrenzen. Wenn die «Mindestqualität» festgelegt ist, wird alles, was darüber hinaus angeboten wird, die Kosten anheben und damit nicht mehr zur Unternehmensstrategie passen. Das «Baukastenprinzip» der Discountanbieter versucht dies zu umgehen. Der Kunde soll nur für das zahlen, was er auch benutzt. Aufgrund dessen entsteht eine Mischkalkulation, welche aber nur im Massenmarkt funktioniert!

Der dritte Aspekt dieser Schlussfolgerungen erscheint mir besonders wichtig: Das Baukastenprinzip funktioniert nur, wenn sie viele Tausend Mitglieder in Ihrem Unternehmen haben und aufgrund dessen die Mindereinnahmen, welche durch Preisnachlässe entstehen, abfedern können. Das einzige, was noch tolerierbar wäre, ist ein Preisnachlass für Vollzeitstudenten oder AHV Bezüger.  Alle anderen Abstufungen, die auf genutzte oder nicht genutzte Leistungen basieren, mindern den Umsatz eines KMU massiv.

Noch viel schlimmer ist, dass Sie damit Signale aussenden, welche dem Kunden mitteilen, dass Ihre Preise verhandelbar seien. Auch wenn sich die «Geiz ist geil»-Mentalität in der Schweiz nicht so stark durchgesetzt hat wie in unserem Nachbarland Deutschland, ist dieses Kundenverhalten durch Marketingmassnahmen entstanden, die den Preis in den Vordergrund stellen.

Finanzieller Aktionismus gehört in den Discountbereich. Wenn Sie nicht in diesem Segment positioniert sind, dann lassen Sie die Finger davon, denn Sie versuchen, den Discounter mit seinen stärksten Waffen zu schlagen. Seien Sie versichert: Das geht schief, denn ein Discountanbieter wird immer günstiger sein können als sie, da seine komplette Unternehmensstrategie darauf aufgebaut ist.

Sorgen Sie stattdessen für Preisgarantie! Sie als Unternehmen garantieren Ihren Kunden, dass jeder für die gleiche Leistung den gleichen Preis zahlt. Machen Sie dies transparent und das Feilschen um Gutschriften und Nachlässe wird aufhören.

Seien Sie sich Ihrer Stärken bewusst und verkaufen Sie Ihre Leistung – nicht Ihren Preis! Der Kunde beurteilt die Angemessenheit eines Preises – Leistungsverhältnisses an dem, was er in Ihrem Unternehmen ERLEBT – nicht nach dem, was auf dem Papier steht. Das Erlebnis wird an der Servicequalität gemessen, womit wiederum klar wird, dass Ihr Personal die Schlüsselrolle einnimmt.

Selbstverständlich ist die Preisfestlegung von vielen weiteren Faktoren abhängig, als nur von der Konkurrenz. Kaufkraft, Käuferverhalten, Zielgruppe, Kosten, etc. spielen ebenfalls eine grosse Rolle.

Tipps zur direkten Umsetzung:

Nehmen Sie sich eine Stunde Zeit und halten Sie schriftlich fest, in welchem Segment Sie sich befinden und welche Konsequenzen dies für Ihr unternehmerisches Verhalten hat!

Fordern Sie Ihre Mitarbeiter auf, fünf Stärken Ihres Unternehmens zu nennen. Am besten in einer schriftlichen Hausaufgabe.

Verabschieden Sie sich langfristig von jeglicher Preisaktion! Erhöhen Sie stattdessen Ihre Dienstleistung.

Stellen Sie sicher, dass Ihre Mitarbeiter in Beratungsgesprächen Leistung und Nutzen verkaufen. Schulen Sie Ihr Personal bzgl. Servicequalität.

Machen Sie Ihre Preisgarantie im Unternehmen transparent und öffentlich.