BranchenTag, Samstag, 18. Mai 2019 Kursaal Bern
28. März 2019
Editorial Fitness Tribune – 180
6. Juni 2019

Expandieren Sie nicht!

Von Roger Gestach

Wissen Sie welche die ungünstigste Betriebsgrösse in der Fitnessbranche ist? Dies sind zwei oder drei Fitness-center!

Ich erzähle Ihnen meine Geschichte: Vor 22 Jahren hatte ich in Sursee (25 Minuten von Luzern) zusammen mit Partnern ein grosses Fitnesscenter und war selbst an der Kundenfront tätig. Unterstützt durch das Know-how von Edy Paul und einem fantastischen Vorverkauf, befand sich unser Center schon kurze Zeit nach der Eröffnung in der Gewinnzone und wir verdienten sehr gutes Geld mit diesem einen Center. Als Chef an der Kundenfront, konnte ich viele Anliegen der Kunden und auch die meiner Mitarbeiter immer sofort regeln.

Es blieb aber nicht lange bei nur einem Center. Über einen Bekannten wurde mir ein zweites Center angeboten, später kamen dann noch weitere Center dazu. Was ich damals aber nicht wusste ist, dass man mit zwei Centern unter dem Strich viel weniger verdient als mit einem Center!

Mit einem Center können Sie als Chef selbst an der Kundenfront stehen und können dafür sorgen, dass die Mitglieder den Inhaber persönlich kennen. Dies ist einer der grossen Pluspunkte der Einzelstudios gegenüber den Ketten! Sie können auch alle Personal-engpässe selber abfedern. Haben Sie zwei Center, können Sie entweder an beiden Orten nur zu 50 Prozent anwesend sein oder sie sind an einem Ort gar nie an der Kundenfront!

Jetzt können Sie sagen, wir haben gute Mitarbeiter! Dies mag im Moment bei Ihnen stimmen! Doch bleibt dies immer so? Etwas vom schwierigsten in unserer Branche ist, gute Mitarbeiter zu finden, die auch lange in der Unternehmung bleiben. Die Fitnessbranche zahlt nicht die besten Löhne und man arbeitet am Abend und am Wochenende. Dies mag für eine gewisse Zeit Spass machen. Doch haben die Mitarbeiter keine Aufstiegschancen, steigen viele nach ein paar Jahren wieder aus. Hier sind die Ketten im Vorteil! Bei einem Einzelstudio sind die Aufstiegschancen meistens begrenzt, bei einer expandierenden Kette nicht.

Die Synergien welche Sie mit zwei Fitnesscentern haben, sind zwar da, doch sie sind noch so gering, dass sie die grossen Nachteile zweier Standorte nicht aufheben. Sie haben zwar mehr Umsatz, meistens aber nicht doppelt so viel, weil sie am ersten Standort Umsatzeinbussen verzeichnen müssen. Der Gewinn ist nicht mal zwei! Den Ärger den sie mit einem Center vorher hatten, vergrössert sich aber mit Sicherheit um den Faktor zwei oder höher! Auch bei drei Centern wird es übrigens noch nicht viel besser: Ärger und Stress mindestens mal drei!

Ich behaupte, ab vier Standorten im gleichen Einzugsgebiet wird es dann jedoch spannend. Mit vier Standorten müssen sie sich ganz neu organisieren. Nun beginnen die Synergien zu wirken. Sie können z.B. die Werbekosten durch vier teilen. Sie können Personal tauschen und haben ganz andere Möglichkeiten, Ihre Mitarbeiter auszubilden. Auf der Kostenseite gibt es nun plötzlich sehr viele Synergien, von welchen Sie profitieren. Selbstverständlich wird aber auch das finanzielle Risiko wesentlich höher. Wenn Sie damit leben können, ist eine Grösse ab vier Center viel idealer, als nur zwei oder drei Standorte.

Fazit: Sie wollen einen zweiten Standort eröffnen? Sind Sie dann auch bereit für einen dritten und mindestens vierten Standort? Wenn nein, dann lassen Sie es besser bleiben mit der Expansion! Investieren Sie ihr Geld lieber in das bestehenden Center! Gerade in der aktuellen Situation, in der die Ketten sehr stark wachsen, ist es sicher kein schlechter Rat, sich nur auf einen Standort zu konzentrieren.