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Dynamisches Pricing in der Fitness-Branche: Individuelle Angebote und wandelbare Preisstrukturen

In einem Markt mit stetig wachsender Nachfrage und damit steigendem Wettbewerb geraten zwangsläufig auch die Preise unter Druck. Auswirkung dieser Tatsache ist, dass die Preise mehr und mehr dynamisch gestaltet und auf den Kunden abgestimmte Angebote erstellt werden.

Die Entwicklungen und Erfahrungen von dynamischen Preisen aus anderen Branchen sollen für die Fitnessindu-strie als Impulsgeber für Innovationen dienen. Das Ziel dabei ist die Auslastung und damit den Umsatz zu maximieren und den Kunden genau das Angebot bieten zu können, was auf sie zugeschnitten ist.

Dynamic Pricing, auch dynamisches Preismanagement genannt, ist eine Preisstrategie bei dem Unternehmen die Preise für Produkte oder Dienstleistungen auf Basis des aktuellen Kundenbedarfs anpassen. Dafür werden Faktoren wie die Preisgestaltung der Mitbewerber sowie Angebot und Nachfrage genommen. Um die Preise festzulegen, ist einerseits der Zeitpunkt der Verkaufstransaktion entscheidend, anderseits was für ein Produkt, wie viele Produkte oder welche Dienstleistungen gekauft werden. Das Ziel ist es, dass der Interessent die angebotene Ware oder Dienstleistung mit einem Mehrwert kauft und das Unternehmen durch den erhöhten Absatz höhere Erträge generiert.

Das dynamische Preismanagement wird seit den 70er-Jahren bereits in der Flugindustrie angewandt. Heute hat es in der Hotellerie, bei Bergbahnen und auch im öffentlichen Verkehr Einzug gehalten. Unterschiedliche Preise zu unterschiedlichen Zeiten für dasselbe Produkt oder die identische Dienstleistung sind die Folge davon.

Eine solche Preisgestaltung und die Möglichkeit nach individualisierten Angeboten sind in der Fitnessbranche nicht etabliert. Die Gesamtzahl von Fitnessunternehmungen in der Schweiz hat, gemäss SFGV Branchenreport 2018, in den vergangen drei Jahren um 30 Prozent zugenommen. Dadurch ist ein intensiver und dynamischer Wettbewerb festzustellen. In der Zukunft wird eine Preisdifferenzierung und Individualisierung der Angebote in Fitnesscentern nicht mehr wegzudenken sein.

Saisonale Schwankungen – Time-Based-Pricing     

Im Jahresverlauf sind im Fitnessstudio saisonale Schwankungen bezüglich der Auslastung zu erkennen. Zu Jahresbeginn steigt die Nachfrage für Fitness- und Präventionsdienstleistungen stark an. Ein Grund dafür sind die guten Vorsätze zum Jahresbeginn und der Wille etwas für die Gesundheit zu machen. Daneben will Mann und Frau sich auf den bevorstehenden Sommer in Form bringen. In den Sommermonaten, insbesondere während den Schulferien, ist jedoch ein markanter Rückgang der Eintrittsfrequenzen zu verzeichnen. Die Kunden sind in den Ferien oder gehen vermehrt Outdoor-Aktivitäten nach. In diesem Zusammenhang geht die Nachfrage von potentiellen Neukunden zurück. Die Betriebskosten jedoch bleiben mehr oder weniger konstant. Als Gegenmassnahme können Fitness-center attraktive Preiskampagnen und Sommeraktionen lancieren. Dabei werden zum Beispiel Gratiseintritte verschenkt oder sehr stark rabattierte Monatsabos angeboten. Der Durchschnittspreis des Abonnements wird durch solche Angebote zwar gesenkt, die Auslastung hingegen in der «Tiefsaison» gesteigert. Das Ziel dabei ist mit einer guten Kundenbindung den Neukunden auch nach der Aktion langfristig im Unternehmen halten zu können.

Vertragslaufzeit als Kriterium für die Preisgestaltung

Sowohl von der trainingswissenschaftlichen Perspektive als auch von der betriebswirtschaftlichen Sicht, wird ein Training bis ins hohe Alter empfohlen. Entsprechend ist in der Regel der Verkaufsprozess im Fitnessstudio darauf ausgerichtet, dass beim Vertragsabschluss eine Jahres- oder Zweijahresmitgliedschaft angestrebt wird. Bei der Verkaufsberatung wird der Fokus auf dieses Ziel gerichtet und darauf aufbauend eine Langzeitmitgliedschaft empfohlen. Je länger die Vertragslaufzeit ist, desto günstiger wird das Angebot. Der Umsatz bei einer Mehrjahresmitgliedschaft ist zwar tiefer wie bei einem Monatsabo, der Kunde wird im Gegenzug jedoch länger an das Unternehmen gebunden. Aufgrund des technologischen Fortschritts wird es in der nächsten Zeit eine Verlagerung vom persönlichen «Direktverkauf» an der Kundenfront mit Beratungsgespräch hin zum unpersönlichen Onlineverkauf geben. Damit geht auch die Einflussnahme vom Berater zum Kunden verloren und die Gefahr besteht, dass immer weniger Langzeitabonnements verkauft werden. Mit einem Online-Kundendienst kann dieses Risiko etwas minimiert werden.

Flexible Abo-Laufzeiten

Die Nachfrage nach flexiblen Abo-Laufzeiten steigt. Fitnessanbieter, welche ein attraktives Kurzzeitangebot auf der digitalen Plattform präsentieren können, haben dabei einen Vorteil gegenüber den Mitbewerbern. Seien das Kurzzeit Abos, die Wahlmöglichkeit der Wochen oder Monate oder gar Mehrfacheintrittskarten. Der Kunde sucht die absolute Flexibilität. Einige Fitnessunternehmen haben dieses Kundenbedürfnis bereits erkannt und sich entsprechend neu ausgerichtet. So wird über einen bestimmten Zeithorizont, beispielsweise zwischen April und August, eine flexible Abo Variante ermöglicht, um den Zugang für den Centerbesuch zu erleichtern. Dabei können Monatsmitgliedschaften bei einem entsprechenden Basispreis individuell zusammengestellt werden. Je länger die Mitgliedschaft dauert, desto günstiger ist der finanzielle Monatsbeitrag und somit vergrössert sich die Ersparnis für den Kunden.

Customizing Model – massgeschneiderte Angebote

Viele Branchen machen es schon lange vor. Der Kunde kann sein Wunschpaket aus diversen Bausteinen selbst zusammenstellen, so wie er es im Moment wünscht. Und will er in ein paar Monaten was ändern, ist das selbstverständlich rasch und unkompliziert möglich. Nehmen wir an, ein Fitnessstudio mit den Kernkompetenzen Fitness, Group Fitness und Kinderparadies ist im Premiumsektor positioniert. Persönliche Betreuung, Zirkeltraining, Ernährungsberatung, Sauna, gratis Offenausschank und zeitlich uneingeschränkte Eintritte während der Öffnungszeit sind als Zusatzangebote inbegriffen. Was ist aber, wenn das Mitglied nicht alle obengenannten Leistungen beziehen möchte? Müssen dann trotzdem alle Leistungen bezahlt werden?

Als gutes Beispiel und Vorreiter fungiert hier die Kommunikationsbranche. Die Abo Laufzeit von Handyverträgen kann flexibel und die Datenmenge dazu frei gewählt werden. Nationales oder internationales Datenvolumen (in ganz verschiedenen Grössen), für einen Tag, einen Monat oder das ganze Jahr. Darüber hinaus gibt es verschiedene Optionen, welche zusätzlich zum Mobile-Vertrag frei kombinierbar sind (Festnetztelefonie, Internetzugang, TV Anschluss, Pay TV etc.).

Im Vergleich dazu sind die Fitnessangebote noch immer eher statisch abgebildet. Der technologische Fortschritt, insbesondere der Fortschritt bei der entsprechenden Branchensoftware, ermöglicht immer grössere Flexibilität bei der Produkteauswahl und deren Präsentation auf dem Webshop.

Bei den Trainingseinheiten im Studio werden dann die persönlichen Daten getrackt und analysiert. Mit diesen Daten können dann dem Kunden gezielt auf ihn genau zugeschnittene Angebote präsentiert werden. Darüber hinaus können die individuellen Produktepakete mit dem dynamischen Pricing kombiniert werden. Dies führt dazu, dass ein Wettbewerbsvorteilt ermöglicht wird indem dass Kundenbedürfnisse verstanden und die passenden Produkte zur richtigen Zeit dem richtigen Kunden angeboten werden. Eine Win-Win Situation für alle, die Zielgruppe aber auch für das Unternehmen.

Fit for future

Es besteht kein Zweifel, dass sich auch in der Fitnessbranche in den nächsten Monaten und Jahren einiges verändern wird, sowohl bei den Individualisierungsgraden von Angeboten wie auch in den verschiedenen Preismodellen. Es ist unabdingbar, dass sich Fitness-center mit diesen Veränderungen auseinandersetzen und damit sie den Anschluss an den immer grösser werdenden Wettbewerb nicht verpassen. Das Ziel muss sein, dass sowohl Kunde wie auch Unternehmen von diesen Veränderungen profitieren können.

Toni Betschart

Über 15 Jahre Branchenerfahrung, arbeitet bei ONE Training Center AG als Regionalleiter.

Ausbildungen: Eidg. Dipl. Schneesportlehrer / Fitnesstrainer mit Eidg. Fachausweis / Bachelor in Fitnessökonomie.

Experte Tätigkeit: Prüfungsexperte für die Berufslehre Fachmann / Frau Bewegungs- und Gesundheitsförderungen sowie für den  Fachausweis Spezialist /Spezialistin Bewegung und Gesundheitsförderung.

Philipp Musshafen

Ausgebildeter Hotelier HF/SHL, führt und verwaltet mehrere Event-Locations und veranstaltet Konzerte, Shows und Events.

Mehrere Jahre Erfahrung im Erstellen von neuen Preismodellen im Kulturbereich sowie Dynamisches Pricing in der Hotellerie.

Neben Fitness sind Fussball, Biken, Berglaufen, SUP und Wake surfen seine Hobbies.

Die Autoren sind Teilnehmer des Executive MBA Wirtschaft der Hochschule Luzern