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Die drei Zonen in unserem Leben

In dieser Kolumne geht es um mentales Gewichtheben.
Wahre Fitness trainiert beides, physische als auch psychologische Muskeln. Viel Spass beim neuronalen Schwitzen.

Wir Menschen unterscheiden uns hauptsächlich über unsere Ähnlichkeit. Zum Beispiel haben wir alle drei Zonen. Diese sind natürlich bei jedem Menschen unterschiedlich konfiguriert, doch die Anzahl – eben drei – sie bleiben für alle gleich.

Sehen Sie sich bitte die Grafik A an. Zone 1 ist die Komfortzone. Hier können wir im Auto-Pilot durch den geläufigen Erfahrungshorizont fliegen. Unsere Fähigkeiten reichen für die Tätigkeiten oder Situationen in diesem Bereich aus. Alles ist bekannt und well-balanced. Es herrschen angenehme Betriebstemperaturen und es bedarf keiner Extra-Anstrengung.

Zone 2 ist die Wachstumszone. Das ideale Fitnesstraining ist hier zuhause. In diesem Bereich kann man den Körper funktionell oder strukturell verbessern. Dasselbe gilt auch für den mentalen Bereich. Sie geraten automatisch in diese Zone, wenn Sie die Komfortzone verlassen. Jetzt betreten Sie unbekanntes Terrain und die Extra-Anstreng-ung wird spürbar.  In der Wachstumszone können Sie wachsen aber auch scheitern. Das kann Angst machen. Dazu später mehr.

Zone 3 ist die Panikzone. Hier bin ich vom bisherigen Erfahrungshorizont zu weit entfernt. Im Fitnesstraining sind die Reize dann zu hoch und es kommt zu Verletzungen wie Zerrungen, Rückenschmerzen, Brüche oder Kapselrisse. Im Mentalbereich sind es wüste Flüche, verbale Beleidigungen, die zu Handgreiflichkeiten führen können aber auch ein Burn-out sowie Panikattacken sind hier zu finden.

Mir geht es nun primär um die Komfort- und um die Wachstumszone. Also Zone 1 und 2. Dazu eine Frage: Was haben alle Menschen gemeinsam? Sie sind bequem. Wir Menschen schätzen gewöhnlich Sicherheit und Bequemlichkeit. Das liegt in unserer Natur. Deswegen lohnt es sich, dass man bei Aufgaben sich regelmässig zwei Fragen stellt: Erstens: Was ist angenehm? Aber auch: Was ist richtig? Ob im Job oder im Training. Es geht darum, dass wir das Richtige über das Bequeme platzieren. Denn wenn es mental als auch körperlich nur noch bequem sein soll, dann blockt die Entwicklung.

Ständige Bequemlichkeit und Gemütlichkeit haben eine hässliche Seite, denn ihre Schädigungen liegen in der mittelnahen Zukunft. Ein Fitnesstraining neu ins Leben zu integrieren mag kurzfristig unbequem sein. Langfristig ist es aber bequem. Wer kein Fitnesstraining machen will und lieber in der Komfortzone bleibt, für den läuft es umgekehrt. Also kurzfristig bequem, langfristig aber unbequem.

Ob Training, Job oder Privatleben. Wir sind gut darin beraten, die eigene Bequemlichkeit immer wieder zu bezwingen. Mit anderen Worten: Verlassen Sie täglich die Komfortzone. Ständige Komfortzone ist die grösste Problemzone des Menschen. Die Selbstdisziplin – um von der Komfortzone temporär zu flüchten – ist keineswegs angeboren. Doch es ist einfach zu trainieren, denn wir haben ja täglich mit uns zu tun.

Ob wir fürs Leben wirklich taugen, hängt im wesentlichen davon ab, wie wir mit Variationen wie Zufall, Pech, Glück, Überraschendem oder mit – ich schreibe zwei «böse» Wörter – mit Stress und Druck umgehen können. Das ist Zone 2. Ob Routinen brechen, etwas Neues wagen oder die Erwartungen von anderen zu enttäuschen; solche Veränderungen bringen immer auch Unsicherheiten mit sich. Beachten Sie: Veränderungen und Wachsen; das gibt es nur mit Risiken. Das ist der Preis, welcher ein lebendiger Mensch zu zahlen hat. Wer den Sicherheitscontai-ner namens Komfortzone nie verlassen will und mit der Vollkasko-Mentalität verheiratet ist, der zahlt aber auch. Seine Zone 2 schwindet und alles ausser Komfortzone ist dann gleich Zone 3, also Panik (siehe Grafik B). Das ist kein schönes Leben.

Um die Komfortzone zu verlassen, dazu braucht es immer auch eine Portion Mut. Am besten kombiniert mit wacher Neugier. (= Gier nach Neuem) Es geht auch darum, den Mut zu haben, unvollkommen zu sein. Sich der Gefahr auszusetzen, für andere wie ein Narr auszusehen. Zum Beispiel im Fitnesstraining eine neue Übung zu machen und dabei im Vergleich zu anderen schlecht auszusehen. Das machen Sie nur dann, wenn Ihnen das eigene Entdecken wichtiger ist, als die Meinung anderer über Sie. Mit Mut fangen viele schöne Geschichten an. Etwas riskieren und die eigene Haut aufs Spiel setzen. Das ist gut so, denn dann gleicht das Leben einem Abenteuer. Viel besser geht es nicht.

Kommen wir zur wohl ältesten Emotion des Menschen. Die Angst. Jeder hat sie – keiner will sie. Dabei müssen wir wissen, dass Angst eine wichtige als auch eine neutrale Funktion hat. Sie ist wichtig, denn sonst hätte sie in der Evolution nicht überlebt. Ein Leben ohne Angst wäre für viele eine schöne Vorstellung, doch das Leben wäre wohl viel kürzer. Kein Bergsteiger überlebt lange, wenn er keine Angst hat (R. Messner). Aber auch im Alltag: Stellen Sie sich vor, Sie würden als Fussgänger ohne Angst eine dicht befahrene Hauptstrasse wild überqueren. Es käme nicht gut. Angst ist also wichtig; sie hilft beim  Überleben. Angst ist aber auch im gewissen Sinne neutral. Dazu ein folgendes Gedankenexperiment: Stellen Sie sich die Angst als wildes Tier vor, welches vor Ihnen steht. Jetzt haben Sie drei Möglichkeiten. Erstens: Sie laufen davon und verstecken sich. Wenn Sie das tun, dann geben Sie enorm viel Macht ab, denn Sie laufen der Angst davon. Zweitens und drittens; Sie töten oder zähmen das wilde Tier. Ohne Schweissperlen ist das nicht zu haben, doch der folgende Satz ist ganz wichtig: Sich seinen Ängsten zu stellen, bedeutet sich seinem Leben zu stellen.

Ich kann Angst als Förderer oder als Hemmnis für meine Entwicklung im Leben verstehen.

Bei der ersten Variante gehe ich rein in die Angst und somit raus aus der Komfortzone. Achtung: Ich sage nicht, dass das leicht ist; ich sage bloss, dass es sich lohnen wird. Warum? Weil bei jeder Selbstüberwindung viel Glück auf dem beschwerlichen Weg liegt, welches wir aufheben können. Bei der zweiten Variante flüchte ich und kann friedlich in meiner Komfortzone vor mich hindämmern. Wenn Ihnen das genügt. Bitte. Pulsierendes Leben geht aber anders.

Deswegen lohnt es sich, sich im Leben ständig zu fragen: Wer soll in mir gewinnen? Das Ängstliche oder das Mutige in mir? Will ich die aufkommende Angst als Lähmung oder als Aktivierung deuten? Die Gefahr mag real sein. Die Angst als lähmend zu empfinden, ist bloss eine Wahl. Wie schön, wenn ich mir meiner Wahl bewusst bin.

Mut und Angst reagieren ähnlich wie Muskeln. Sie verkümmern bei Nichtgebrauch und sie werden bei Gebrauch stärker. Es lohnt sich also, wenn wir als Grossgrundbesitzer von Mut und TatKRAFT im Leben agieren. Ohne Blessuren wird das nicht gehen, doch die kurzfristigen Anstrengungen lassen uns langfristig gewinnen. Die eigene Komfortzone wird immer grösser. Anspruchsvolle Aufgaben werden dann komfortabel erledigt, die für andere bereits pure Panikzone wären. Auch die eigene Wachstumszone ist breit und die Panikzone marginal (siehe Grafik C).

Um nicht missverstanden zu werden. Risiko ist nicht dasselbe wie Ruin. Es geht nicht um ein blindes Agieren ohne Rücksicht auf Verluste. Wenn Sie all ihr Geld auf etwas setzen oder russisches Roulette spielen wollen, dann haben Sie meine Gedanken für mehr Mut, für gezähmte oder getötete Angst nicht verstanden.

Verluste, die in der Wachstumszone entstehen können, sind durchaus Okay. Sie gehören dazu. Ruin ist aber keine Option. Wenn Sie vom Zaun springen kann das zwar wehtun, doch ist der Sprung durchaus nützlich für Ihre Knochen. Vom 20. Stock zu springen ist es nicht mehr. Es ist möglich, gleichzeitig risikofreudig und dabei ruinfeindlich zu sein. Nachdenken – und zwar vorher – ist weiterhin sinnvoll. Es geht bloss darum, dass ein Mehr an Mut und ein Weniger an Angst das Leben unheimlich beREICHern. Wer ständig in der Komfortzone vor sich hindämmert, der verpasst viele WERTvolle Momente. Unsere Erfahrungen sind eine Mischung aus schönen, aus stolzen und auch aus peinlichen Momenten. Das alles gehört zum Spiel, welches Leben heisst. Profitieren Sie davon.

Eric-Pi Zürcher

War früher über Jahre als Personal Trainer tätig und arbeitet nun beim FC Thun als Konditionstrainer.

E-mail: eric-pi@bluewin.ch