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Das Beste

In dieser Kolumne geht es um mentales Gewichtheben.
Wahre Fitness trainiert beides, physische als auch psychologische Muskeln. Viel Spass beim neuronalen Schwitzen.

Wir alle erbringen jeden Tag unsere Leistungen. Im Job, in der Freizeit, im Fitnesstraining, privat mit der Familie oder in einer Partnerschaft. Wir «performen» täglich und überall. Die Erfolge, die wir dabei feiern sind ein wichtiger Zündstoff für die Eigenmotivation und sie stärken das Selbstvertrauen. Das ist gut so. Aber gibt es im Leben nur Erfolge? Wir alle kennen die Antwort. Wenn Erfolge nun das Selbstvertrauen heben, müssen dann die Misserfolge nicht konsequenterweise das Selbstvertrauen schädigen? Für die meisten Menschen ist das so. Das muss nicht sein. Prinzipiell haben Sie zwei Möglichkeiten, um das eigene Selbstvertrauen zu subventionieren. Sie können den Fokus auf folgende zwei Punkte richten:

  1. Das Beste zu leisten.
  2. Das Beste zu geben.

Das Beste zu leisten

Hier geht es nur um das Ergebnis. Den Schultest oder die Abschlussprüfung bestehen. Nur das zählt. Im Sport zählt nur noch der Sieg. Wenn ich den Test bestehe oder das Spiel gewinne, dann fühle ich mich phantastisch und bin der Überflieger. So denken viele und so zu funktionieren ist gefährlich, denn die Leistung wird mit dem Mensch-Sein vermischt.

Denn was geschieht, wenn ich den Test nicht schaffe, das Abzeichen nicht erhalte, wenn ich verliere, wenn der Applaus der Tribüne ausbleibt und die Daumen gar nach unten zeigen? Was dann? Wer sich selbst mit der Leistung verwechselt, der hat ein dornenreiches Leben vor sich. Denn reicht die Performance nicht aus, ist sie gar schlecht, dann muss ich es zwangsläufig auch sein. Der Mensch wird so zur Maschine degradiert, die zu funktionieren hat. Aber gerade im Sport ist der Grad von Erfolg und Misserfolg meist hauchdünn. Ein Leben mit dem Motto «from hero to zero» und umgekehrt ist ein defensives Leben. Die Angst nicht zu genügen ist dann allgegenwärtig. Das ist keine gute Basis für ein stabiles Selbstvertrauen.

Das Beste zu geben

Ob Examen, ob Vorstellungsgespräch oder Sport: Geben Sie einfach Ihr Bestes. Dabei gilt es folgendes zu beachten: Ihr Bestes zu geben ist nicht dasselbe wie Ihr Bestes zu leisten. Wir Menschen sind keine Maschinen. Eine funktionierende Maschine leistet immer 100 Prozent. Macht sie es nicht, dann ist sie kaputt. Der Output des Menschen aber, der variiert täglich. Wer zum Beispiel Tennis oder Golf spielt, der weiss genau, was ich meine. An einem Tag spielt man wie aus einem Guss, an einem anderen Tag kriegt man keinen Ball gebacken.

Über den Output haben wir oft keine Kontrolle. Viele Dinge sind in der heutigen komplexen Welt von externen Faktoren abhängig, auf die wir wenig bis gar keinen Einfluss haben. Vieles ist von Zufall, Pech oder Glück abhängig. Meist viel mehr, als wir annehmen. Was wir aber immer unter Kontrolle haben ist unser Input. Der Input – dafür sind wir verantwortlich. Darauf gilt es den Fokus zu richten. Geben Sie Ihr Bestes. Sei die Situation noch so vertrackt, schwierig, unbequem oder gar unfair. Auch im Sport. An einem schlechten Tag ist die Qualität Ihres Spiels vielleicht bloss 70%. Wer merkt, dass heute sein Spiel nicht gut ist, der kann sich entweder hängen lassen oder sich reinhängen. Beim zweiten Fall ist er per se schon ein Gewinner, denn sich reinhängen, wenn alles super läuft, das ist keine grosse Sache.

Wie ist mein Input? Diese Frage ist der Kompass für alle Aufgaben, die Sie in Ihrem Leben zu stemmen haben. Manche Dinge werden gut gehen, andere nicht. Das Beste zu geben, das ist alles, worum es geht. Dann gibt es auch keine Vorwürfe. Von niemanden – auch von sich selber nicht. Überlegen Sie: Sie können nicht mehr als 100 Prozent geben. Wenn das nicht ausreicht, dann ist das halt so.

Ein Beispiel: Sie gehen gut vorbereitet in ein Vorstellungsgespräch. Es verläuft angenehm und das gibt Ihnen ein positives Gefühl. Ein paar Tage später erhalten Sie die Nachricht, dass der Top-Job an eine andere Person vergeben wurde. Wenn Sie jetzt nur an das Resultat denken, dann haben Sie eindeutig versagt. Sie fühlen sich schlecht. Offensichtlich gibt es eine andere Person, die besser «performt» hat als Sie. Shame on you, Sie Loser. Selbstvertrauen ade und Feuer frei für selbstverletzende Gedanken.

Wenn ich aber weiss, dass ich beim Gespräch einfach mein Bestes gegeben habe, dann muss ich mir bei einer Absage keine selbstverletzenden Gedanken schnitzen. Zumal die Zusage von vielen externen Faktoren wie Sympathie, Bewerberpool, Anforderungsprofil usw. abhängig ist, auf die ich KEINE KONTROLLE habe.

Verlieren Sie vielleicht Ihren Job? Das wird Sie heftiger treffen, wenn Sie sich bloss über das Ergebnis definieren, als wenn Sie wissen, dass Sie stets Ihr Bestes gegeben haben. Nochmals – weil es so wichtig ist – über vieles, welches das Resultat beeinflusst, haben wir keine Kontrolle.

Wenn Sie Ihr Bestes geben, dann können Sie immer in den Spiegel schauen. Dann ist Ihr Selbstvertrauen kein fragiles Gebilde. Wer alles gegeben hat, der kann mit dem Output viel besser leben. Mit Würde zu gewinnen ist schon grosse Klasse. Aber mit Würde zu verlieren, das ist edel. Das geht nur mit einem soliden Selbstvertrauen, welches sich primär vom eigenen Input und nicht bloss vom Output nährt. Prüfen Sie diesen Gedanken, bevor Sie ihn ablehnen.

Eric-Pi Zürcher

War früher über Jahre als Personal Trainer tätig und arbeitet nun beim FC Thun als Konditionstrainer.

E-mail: eric-pi@bluewin.ch