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25 Jahre Amazon. Oder: Der lokale Buchhandel ist nicht tot!

Von Roger Gestach

Vor 25 Jahren gründete Jeff Bezos, der bereits eine steile Karriere an der Wall Street gemacht hatte, das Unternehmen Amazon in einer Garage in Seattle. Der Grundstein für den grössten Online-Händler der Welt war gelegt. 1994 starteten Jeff und seine Frau MacKenzie mit ihrem Online-Buchhandel. Nach rund einem Jahr Anlaufzeit wurde im Juli 1995 das erste Buch an einen externen Kunden verkauft. Was mit Büchern begann, entwickelte sich über die Jahre zum grössten Internetkaufhaus der Welt. Die Vision ist es, das kundenorientierteste Unternehmen der Welt zu sein, wo Menschen alles finden können, was sie im Internet kaufen wollen. Doch Amazon entwickelt sich stetig weiter. Mit dem Aufbau einer eigenen Lieferlogistik setzt der Konzern Paketzusteller wie UPS, DHL oder FedEx unter Druck, mit Whole Foods betreibt der Konzern seine eigene US-Supermarktkette. Im Streaming-Geschäft versucht Amazon Marktführer Netflix Konkurrenz zu machen. Bezos hat noch lange nicht genug und niemand weiss so recht, welche Branchen Amazon als nächstes aufmischen wird. Anfang Juni erst führte Amazon eine Lieferdrohne vor, die bereits in einigen Monaten die ersten Pakete zustellen soll.

Im letzten Herbst ist es Amazon gelungen, zeitweise die magische Marke von einer Billion US-Dollar beim Börsenwert zu knacken. Dies ist bisher nur Apple gelungen. Und Jeff Bezos ist mittlerweile trotz der wohl teuersten Scheidung der Welt – seine Ex-Frau MacKenzie erhielt Aktien im Wert von knapp 40 Milliarden – der reichste Mensch der Welt. Sein Vermögen soll zur Zeit rund 120 Milliarden Dollar betragen.

Blicken wir doch mal in die Schweiz. Vor zehn Jahren, als Online und E-Books dem stationären Buchhandel das sichere Ende prophezeit hatten, glaubte niemand mehr daran, dass wir als kleines Land eine Chance gegen die globalen Player haben würden. Trotzdem gibt es in der Schweiz noch immer 300 Buchläden mit rund 1300 Angestellten. Der Buchhandel war die erste Branche, die sich der Konkurrenz der reinen Onlinehändler stellen musste. Gemäss Dani Landolf, Geschäftsführer des Schweizer Buchhändler- und Verlegerverbands SBVV ist der Umsatz seit 2008 um 26 Prozent geschrumpft. Dies sei vor allem auf den Sinkflug des Euros und den Anstieg der E-Books zurückzuführen. Mit einer Reihe von Massnahmen habe der einheimische Buchhandel seither aber seine Stellung eindrücklich verteidigt. Diese sind eine Mischung aus bewährten Konzepten und neuen Angeboten: Persönliche Beratung, eine angenehme Atmosphäre in den Läden, Lesungen und ein kuratiertes Sortiment. Auch bei Versand und Abholung hat sich einiges getan wie zum Beispiel die Lieferung per Velokurier oder die Postfachabholung ausserhalb der Öffnungszeiten.

Das effektiv Entscheidende scheint aber ein guter eigener Online-Shop zu sein. Und das Ziel ist glasklar formuliert: Schneller liefern als Amazon. Ex Libris macht heute 90 Prozent seines Gesamtumsatzes mit dem Onlinehandel. Der Schweizer Branchenleader Orell Füssli Thalia AG erzielt mit dem Onlinehandel bereits ein Viertel seines Umsatzes. Die Buchhändler versuchen beide Welten, stationär wie online, zu verbinden: Die Beratungskompetenz der Buchhändler auch online sichtbar machen, mittels Newsletter und auf Social Media Buchtipps geben, auf Veranstaltungen und Angebote hinweisen, kostenfreie Lieferung nach Hause.

Totgesagte leben länger… Dass dieses Konzept mit dem stationären Handel funktioniert, zeigt die Heimat des Onlineriesen Amazon, der seit 2015 eigene Buchläden eröffnet. Mittlerweise sind es deren 19. Allerdings umfasst das Sortiment nur wenige tausend Bücher und ist strikt nach maximalen Amazon-Bewertungen ausgewählt. Im Regelfall sind es nur Bestseller mit grosser Fangemeinde.

Und was hat das nun mit Fitness zu tun?

Die Buchhändler in der Schweiz mussten sich neu erfinden, um zu überleben und zukunftsfähig zu bleiben. Hätten sie sich nicht angepasst, wären sie mit wehenden Fahnen untergegangen…

Auch die Einzelstudios müssen sich neu erfinden und Abschied nehmen von veralteten Konzepten und dem Kunden genau das Erlebnis bieten, welches er sich wünscht und bei einer Kette oder einem Discounter nicht bekommt.